Erlebt - Das 9-Euro-Abenteuer - Tag 6

Das 9-Euro-Abenteuer – Tag 6



Düsseldorf – Hilden Solingen – Köln

Heute früh teilen wir uns auf: Mein Jüngster schleppt schon die ganze Fahrt ein Computerteil mit sich herum, das er bei seiner Firma in Düsseldorf abgeben will. Er arbeitet im Homeoffice und es ist tatsächlich das erste Mal, dass er leibhaftig dort zum gemeinsamen Frühstück erscheint. Ich ziehe heute mal wieder Schuhe statt Sandalen an, meine linke Ferse tut aber irgendwie noch mehr weh als in Hamburg. Ich entdecke, dass da irgendwas blutig vernarbt ist und beschließe, ein bisschen vorsichtiger zu laufen (was ich später wieder vergesse, denn tagsüber tut es kaum weh).

Die Luft ist ganz deutlich kühler als gestern und es nieselt leicht, aber gar nicht unangenehm. Meinen Ältesten und mich zieht es nochmal nach Little Tokyo, wo wir japanisch-französische Macha-Törtchen mit Cappuccino frühstücken – das versteht man wohl unter Fusion Food. Das Leben als kulinarischer Weltbürger hat seine Vorteile. Wir treffen uns wieder im Hotel, wo wir die schweren Taschen deponiert hatten und nehmen die S-Bahn zu unserem ersten Ziel: Oma in Solingen besuchen. So oft kommen wir da nicht hin und die Gelegenheit ist einfach günstig. Die S-Bahn fährt wegen einer Baustelle allerdings nur bis Hilden – wegen einer Baustelle, wie der Fahrer durchsagt – so dass wir dort auf den nächsten Zug warten (nachdem Youngest eingefallen ist, dass er seine Reisetasche in der S-Bahn vergessen hat und er das Ding noch schnell holt). Mehr als den Bahnsteig gibt’s hier leider nicht zu sehen. Schließlich geht es mit vollem Marschgepäck durch Solingen und wir werden freudig mit einem Berg Erdbeerkuchen mit Schlagsahne, Käse- und Apfelkuchen erwartet. Wir nehmen uns viel Zeit – wer weiß, wann wir uns wiedersehen.

Mit dem Regio wollen wir nach Köln; wir haben vergünstigte Tickets für das Schokoladenmuseum bekommen, das mein Ältester fast jedesmal besucht, wenn er in Köln ist. Das scheint es ihm wirklich angetan zu haben. Der Zug, den wir nehmen wollen, hat laut Bahn-App 22 Minuten Verspätung, also nehmen wir uns Zeit auf dem Weg zum Bahnhof, um noch Leergut loszuwerden und Getränke zu kaufen. Kurz vor dem Bahnhof teilt die App uns mit, dass der Zug – Hurra – jetzt doch pünktlich ist und eben abgefahren ist. Ok - unser Fehler. Wir haben inzwischen die Erfahrungen gemacht, dass die Informationen der Deutschen Bahn immer mit ein wenig Vorsicht zu genießen sind. Die Ankunft des Folgezuges verspätet sich immer mehr und wir fragen uns schon, ob das überhaupt noch etwas wird – wir wollen die Taschen unbedingt noch im nächsten Hotel deponieren, damit wir sie nicht den ganzen Abend durch die Stadt schleppen müssen.

Dann kommt die Bahn. Nur mit Mühe schaffen wir es mit unseren Taschen überhaupt in den übervollen Zug. Sitzplätze gibt’s keine und so halten wir uns irgendwo fest, während es quälend langsam von Örtchen zu Örtchen geht. Kurz vor Köln Messe/Deutz – da ist das Hotel – bleibt der Zug erst mal stehen, dann geht es irgendwann in Schleichfahrt zum Bahnsteig. Eigentlich wollten wir jetzt schon auf dem Weg zum Museum sein … – fast einen Kilometer müssen wir noch durch eine Baustelle und um die Messehallen herum laufen, dann endlich sind wir an der Rezeption. Ein Gast beschwert sich ausgiebig darüber, dass sein Zimmer nicht sauber sei, versteht aber nicht, dass ihm eben schon zum dritten mal gesagt worden ist, dass ein Team schon unterwegs sei, um sich sofort darum zu kümmern. Endlich kommen wir auch dran und können in die Zimmer (diesmal sind es wieder zwei). Glücklicherweise fährt unweit vom Hotel eine Straßenbahn, so dass wir nicht wieder den ganzen Weg zum Bahnhof laufen müssen. Als wir aussteigen ist es schon zwanzig vor fünf und um sechs schließt das Museum – also überwinden wir die 750 m bis zum Museum im beschleunigten Wanderschritt und kommen gut aufgewärmt an.

Das Museum auf einer Insel im Rhein ist wirklich sehenswert, wenn man sich ein bisschen für die Ursprünge, die Kulturgeschichte und auch den Herstellungsprozess von Schokolade interessiert. Noch dazu gibt es eine Herstellungsstrecke zu besichtigen, an deren Ende man frisch produzierte Schokoladetäfelchen probieren kann (wenn die Maschine nicht gerade streikt, wie es uns passiert, als wir nach ein paar Minuten Schlangestehen an der Reihe sind). Aber es gibt auch einen Schokobrunnen, wo man die warme Schokomasse auf Waffeln genießen kann und einen Museums-Shop mit allen Varianten an Schokolade – es gibt sogar Schokobier, das mein Großer und ich natürlich auch probieren.  Kann man trinken, muss man aber nicht. Wir sind wieder um eine Erfahrung reicher und gönnen uns noch eine Fahrt im Riesenrad vor dem Museum, das tatsächlich eine schöne Aussicht auf die Stadt bietet.

In Köln ist eines von vier Hard Rock Cafes in Deutschland und nachdem wir auf unserer Reise schon zwei gesehen haben, möchten die Jungs gerne hier essen – nach den Bahn-Erfahrungen des Tages scheint die Idee, doch nochmal nach Düsseldorf zu fahren, nicht mehr so attraktiv zu sein wie gestern. Diesmal reserviere ich aber und wir haben noch genug Zeit, vorher die Kölner Innenstadt zu erkunden. Die U-Bahn-Haltestelle am Heumarkt Richtung Hauptbahnhof ist ein gewaltig überdimensioniertes unterirdisches Bauwerk, das einem Science-Fiction-Film entsprungen zu sein scheint. Die Jungs würden es in Gedanken irgendwo beim Kapitol von „Die Tribute von Panem“ verorten und mich erinnert es an die gigantomanischen, unterirdischen Gewölbe des Bahnhofs Haussmann-Saint-Lazare in Paris.

Natürlich besichtigen wir auch den Kölner Dom – mein Jüngster muss die Kappe abnehmen – in dem es seltsamerweise wärmer ist als draußen. Normalerweise ist das in alten Kirchen andersrum, aber wir nehmen an, dass hier noch die Luft des Vortages steht. Wir durchkämmen die Innenstadt und sehn uns sowohl alte römische Baureste wie auch moderne Läden an, bevor wir dann einkehren. Interessante T-Shirts sind nicht im Angebot (jedenfalls nicht in den Herrengrößen; irgendwie sind die Damen-Shirts meist kreativer), aber dafür gibt es einen lokalen Burger „Himmel und Erde“ (an das bekannte Kölner Gericht angelehnt), der unter anderem „Flönz“, eine rheinische Blutwurst, und Apfelscheiben enthält. Klingt komisch, ist aber durchaus essbar. Ich erinnere mich an den „Local Legendary Burger“ in Andorra la Vella, der einen kompletten, harten Ziegenkäse enthielt und durchaus nicht so einfach zu essen war.

Zum Hotel geht’s per Straßenbahn. Die hält zwar wieder am Bahnhof Messe/Deutz, aber ohne Rucksäcke fühlt sich das deutlich kürzer an. Der Bundesländercount bleibt unverändert, überraschenderweise liegen die verfeindeten Städte Köln und Düsseldorf in demselben Bundesland.

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