Zum ESC 2022

ESC – der European Song Contest. Die Wellen schlagen hoch und das eine oder andere Narrativ wird schon wieder kräftig bedient - auch vonseiten der allgegenwärtigen Trollarmee, die ihre Parolen zeitnah erhalten hat. An den entsprechenden Diskussionen mag ich mich gar nicht beteiligen; ich gebe einfach mal meinen Senf dazu, worin ich ohnehin eine gewisse Übung habe.



Ja: neben der Qualität der Songs und der Bühnenshow beeinflusst immer auch ein bisschen Politik das Voting. Da bestand häufig eine gewisse Nähe z.B. zwischen den slawischen Brudervölkern oder auf der Balkanschiene, bis beide in Teilen zerbombt wurden. Und auch das österreichische "Zero Points" für deutsche Beiträge war lange Zeit fast in Stein gemeißelt. Das ist einfach so und das wird - bewusst oder unbewusst - auch immer so sein.

Dass die Ukraine siegt, war für manche ausgemacht ("Da braucht man sich das ja gar nicht mehr ansehen!") - aber das halte ich für falsch. Obwohl sie gewonnen hat. Ja - ganz sicher ist die Sympathie für die von einem brutalen Vernichtungskrieg bedrohte Demokratie am Schwarzen Meer in die Entscheidung mit eingeflossen. Aber das Lied war gut und originell und ich bin ebenso sicher, dass die Ukraine es mit einem schlechten Beitrag eben nicht auf das Siegertreppchen geschafft hätte. Der Sieg ist verdient.



Ansonsten war es ein unterhaltsamer Abend, die Familie hatte Spaß bei Erdbeerbowle und Wurstwickeln und die meisten Entscheidungen des Abends hätte ich völlig anders getroffen. Auch was den deutschen Beitrag betrifft: guter Song, sympatisch rübergebracht, man hatte nur irgendwie den Eindruck, weite Teile schon aus anderen Hits zu kennen ("Halo", "Wrecking Ball" -- wer bietet mehr?). Ob es das war oder auch ein bisschen politische Enttäuschung Europas - wer weiß das schon.

Ich werde auch nächstes Jahr wieder virtuell dabei sein. Vielleicht mit Käseigel oder Toast Hawaii. Und meine größte Freude wäre - das sage ich ehrlich - nicht ein deutscher Beitrag auf Platz eins, sondern eine fröhliche Veranstaltung in einem freien und friedlichen Kyiv.

(P.S.: Und jetzt weiß die beste Ehefrau von allen auch, was ich mit einem Glas Senf im Garten angestellt habe)

(15.05.2022)