Erlebt - Jerusalem by night

Jerusalem by night

Facebook erinnert mich immer mal wieder daran, was ich „heute vor zwei Jahren“ gemacht habe. Ich mag diese Funktion, da kommen Erinnerungen hoch. Was im fortschreitenden Alter schon manchmal hilfreich sein kann. 😉


Aber dieser Tag war wirklich unvergesslich. Am Nachmittag rollte das Flugzeug am Ben-Gurion-Flughafen aus und ich betrat zum ersten Mal in meinem Leben – aufgeregt und neugierig – israelischen Boden. Der Flughafenbus fuhr eine Ewigkeit bis zur riesigen Flughafenhalle. „Welcome to Israel“ auf einem großen Schild, Stimmengewirr, unzählige Menschen, Corona machte noch niemanden nervös (was sich innerhalb weniger Wochen ändern sollte). Die Passkontrolle war witzig. Die junge Frau wurde während der Kontrolle angerufen – soweit ich es mitbekommen habe, von ihrer Mutter. Das Gespräch ging mehrere Minuten lang und als sie auflegte, wirkte sie überrascht, dass wir, meine Frau und ich, immer noch da standen. Die Reisegruppe, mit der wir unterwegs waren, wartete schon. Im Schweinsgalopp ab in den Bus und dann ging es durch den beginnenden Feierabendverkehr auf der Route 1 nach Jerusalem. Ich weiß noch, dass ich unseren Busfahrer bewundert habe, der mühelos zwischen lautem Schimpfen und völliger innerer Ruhe hin- und herwechseln konnte, was bei dem Straßenverkehr in Israel sehr hilfreich ist. Yalla, Rega. Wieder was gelernt.


Check-In im Hotel, einführende Worte, Abendessen und dann erstmal: Feierabend. Es ist schon dunkel und Naomi, unsere allwissende Reiseleiterin, empfiehlt uns, die Altstadt besser nur in Gruppen zu besuchen. Wir haben uns eingerichtet und beschließen, zu zweit noch ein bisschen die Stadt zu erkunden, die Altstadt aber dann lieber einmal tagsüber.

Schräg gegenüber ist das geschichtsträchtige King-David-Hotel. Wir gehen die King-David-Straße entlang und biegen dann in die Mamilla Richtung Jaffator. Ich habe ständig das Gefühl, ich müsste mich kneifen, weil ich es irgendwie noch nicht fassen kann, dass das tatsächlich Jerusalem ist und dass wir wirklich da sind. Es gibt Leute, die meinen, Jerusalem wäre irgendwie langweilig und sie wären lieber in Tel Aviv, Party machen. Ich glaube, ich gehöre nicht dazu. Die Stadt hat einen unglaublichen Zauber und sie zieht uns in ihren Bann. „Yerushalayim, shel zahav“ heißt es: Jerusalem, Stadt aus Gold. Und so sehen die Gebäude aus warmgelbem Sandstein im Licht der Straßenlampen auch aus - als liefe man durch goldene Straßen. Die Mamilla ist wunderschön. Viele Lichter, schöne kleine Läden und Restaurants, Neu- und Altbauten sind gleichermaßen aus dem Jerusalemer Sandstein gebaut und fließen harmonisch ineinander. Die Atmosphäre kann man nicht beschreiben – irgendwie fremd und doch vertraut. Ich fühle mich ein bisschen an Cordoba erinnert, aber das hier ist doch wieder ganz anders. Alt und jung zugleich, groß, gewaltig, wunderbar, eine Stadt voller Gegensätze. Wir sehen die alte Zitadelle und den Davidsturm vor uns und gehen durch das Jaffator – alte Steinblöcke, verziert mit Mustern – in den oberen Teil der Altstadt. Weiter wollen wir heute abend nicht laufen und so nehmen wir den Weg durch das Tor zurück und gehen durch den nächtlichen Teddy-Park. Oben leuchtet das King-David-Hotel, so dass wir uns nicht verlaufen können.


An der Rezeption gibt’s noch einen Wein und so sitzen wir gemeinsam noch eine ganze Weile in der Lobby, die Köpfe voller Eindrücke und Bilder. Und ich spüre, dass eine der aufregendsten Wochen meines Lebens begonnen hat.


(04.02.2022)

Share by: